Von Anton Rieger (J1)
Wie kommen Jugendliche in Kontakt mit rechtsextremen Gedankengut? Wie laufen Rechtsrock-Konzerte ab? Wie schafft es die extreme Rechte, vor Behörden verborgen zu bleiben? Die Antwort auf diese und alle möglichen weiteren Fragen in Bezug auf die deutsche Neonazi-Szene liefert der Film „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ von Peter Ohlendorf. Der Film wurde in der Woche nach den Faschingsferien nicht nur in den Stufen 8 bis 10 im Unterricht gezeigt, sondern außerdem auch im Zuge einer öffentlichen Veranstaltung. Sowohl bei bei der Vorführung in den Klassen als auch bei der abendlichen Veranstaltung war der Filmmacher selbst anwesend und führte anspruchsvolle Diskussionen mit den Anwesenden. Zudem ging er auf alle Fragen ein, die zu dieser einschüchternden wie zutiefst interessanten Geschichte aufkamen.
Im Zuge seiner Filmarbeiten hat Filmemacher Peter Ohlendorf nämlich eine Person durch ganz Deutschland begleitet, die man als Zentrum der besagten Geschichte sehen kann: Thomas Kuban. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich der Journalist, den die deutsche Rechtsextreme am liebsten tot sehen würde. Er hat etliche Konzerte der deutschen bzw. europäischen Neonazi-Szene besucht und undercover alles mit versteckter Kamera mitgefilmt: Daraus entstand dann ein Film, den Ohlendorf in ganz Deutschland präsentiert.
Der Titel ist angelehnt an eine Zeile, die Kuban zu oft auf den Konzerten ertragen musste: „Blut muss fließen knüppelhageldick, wir sch***en auf die Freiheit dieser Judenrepublik“ heißt es da. Und genau diese abstoßenden, doch notwendigen Eindrücke wurden vergangene Woche am OHG geteilt. In der Gesprächsrunde, die sich an die Vorstellung am Donnerstagabend anschloss, waren sich alle Anwesenden einig: Die Gefahr von rechts für die Demokratie ist auf keinen Fall zu unterschätzen. Gerade die Tatsache, dass die Behörden im Zeitraum des Filmdrehs wie auch in den Jahren danach konsequent die Füße still hielten, sei besonders beunruhigend, so Ohlendorf. „Und auch wenn der Film erst kürzlich zehn Jahre alt wurde, ist er trotzdem aktueller denn je“, betont er. Der Filmschaffende hat recht: Erst vor wenigen Tagen berichtete die Wochenzeitung „Zeit“ von einem groß organisierten Nazikonzert in Neumünster – es konnte glücklicherweise polizeilich verhindert werden –, doch die Erfahrung und der Wissensschatz, die Thomas Kuban und Peter Ohlendorf auf ihrer Reise durch Deutschland und Europa gesammelt haben, sprechen für eine hohe Dunkelziffer an Konzerten, die bis heute im Blick der Behörden stattfinden und dennoch bewusst nicht verhindert werden.
Ein Punkt wurde von Anton vom Politischen Ausschuss (PA) der SMV besonders hervorgehoben: „Dass wir hier an unserer Schule politisch sein können, dass wir für Toleranz und Menschenrechte und gegen den Rechtsextremismus einstehen können, das ist in vielen Teilen Deutschlands nicht selbstverständlich“, stellte er fest. "Wir sind dankbar, dass nicht nur dieser Film, sondern auch Peter als Teil dieser Geschichte hier zu uns an die Schule kommen konnte“, erklärte er, der die Aktion mitorganisiert hatte. Peter Ohlendorf zeigte sich besonders positiv bewegt, weil er hier an der Schule den Film auch bereits in der achten Stufe zeigen konnte: „An anderen Schulen heißt es, das ginge nicht, weil der Nationalsozialismus noch nicht behandelt wurde. Das stimmt nicht, dass die Schüler das Thema deshalb noch nicht verstehen würden“.