Sauerstoffknappheit in Indien

 

Die enorm ansteigenden COVID-19-Fallzahlen in Indien und große soziale Unterschiede im zweitbevölkerungsreichsten Land der Welt führen zu einem Kollaps des Gesundheitssystems - Menschen sterben, weil es nicht genug Sauerstoff gibt.

Indien ist ein riesiges Land mit mehr als 1,3 Mrd. Einwohnern und großen sozialen Unterschieden. 44 % der Einwohner leben von weniger als einem US-Dollar pro Tag und mehr als ein Viertel der Bevölkerung ist zu arm, um sich genügend Essen kaufen zu können.1 Dazu kommt, dass die medizinische Versorgung gerade in ländlichen Regionen und in den Armenvierteln der riesigen Städte sehr schlecht ist.2

Diese Voraussetzungen führen nun in der Corona-Pandemie zu großen Problemen. Die Infektionszahlen in der derzeitigen zweiten Welle sind in Indien seit Ende April 2021 enorm gestiegen. Seit dem 1. Mai wurden mehrfach mehr als 400.000 Neuinfektionen pro Tag gemeldet.3 Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung entspricht das zwar keiner extrem hohen 7-Tage-Inzidenz, aber hohe Fallzahlen sind es dennoch, wobei gerade in armen Ländern die Dunkelziffer nicht gemeldeter Infektionen sehr hoch sein dürfte. Und mit den vielen Neuinfektionen steigt natürlich auch die Zahl der Patienten mit schweren Verläufen, die auf medizinische Hilfe angewiesen sind, sehr stark.

Den Grund für den dramatischen Anstieg der Infektionszahlen vermutet man in religiösen Festen, politischen Kundgebungen, sowie der Virusvariante B.1.617, die als noch ansteckender als das ursprüngliche Virus gilt.4

Besonders problematisch war in den vergangenen Wochen der Mangel an medizinischem Sauerstoff für Beatmungsgeräte. In Indien werden täglich 7500 t Sauerstoff hergestellt, die unter normalen Umständen nur zu 15 % für medizinische Zwecke benötigt werden. Nun wurden jedoch fast 90 % des Sauerstoffs für COVID-19-Patienten gebraucht. Teilweise konnten Patienten nicht mehr beatmet werden und starben, da gerade kein Sauerstoff verfügbar war.5

Das Land hatte sich in falscher Sicherheit gewogen. Mit dem Abflachen der ersten Welle im Herbst des vergangenen Jahres und einer vermuteten hohen Dunkelziffer während dieser Welle, gingen die dortigen Experten davon aus, dass sich damals bereits 380 Millionen infiziert hatten und sich eine Herdenimmunität aufgebaut hätte.6 Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass dies eine fatale Fehleinschätzung war.

Seit Ende April helfen daher zahlreiche Staaten mit medizinischen Hilfsgütern, wie Sauerstoff und Impfstoff. Das Gesundheitssystem ist aber noch immer überfordert. Es fehlt neben Sauerstoff auch an Intensivpflegebetten und Pflegepersonal.7

 

Ein Bericht von Moritz Müller.

 

 

Quellen

  1. https://www.tagesschau.de/ausland/asien/indien-corona-pandemie-101.html [14.05.2021]

  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Indien#Soziale_Probleme [14.05.2021]

  3. https://de.wikipedia.org/wiki/Indien#Gesundheitswesen [14.05.2021]

  4.  Diagramm über die Entwicklung der Fallzahlen Coronavirus COVID-19 (2019-nCoV) (arcgis.com) [16.05.2021]

  5. https://www.tagesschau.de/ausland/asien/indien-corona-pandemie-101.html [14.05.2021]

  6. https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Indien#%E2%80%9EZweite_Welle%E2%80%9C_ab_M%C3%A4rz_2021 [14.05.2021]

  7. https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Indien#Ma%C3%9Fnahmen [14.05.2021]

  8. ebenda